Buchrezension
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Von Ada Lovelace bis Steve Jobs: Warum echte Innovation immer Teamarbeit erfordert – Lektionen aus Isaacsons Werk
Unser digitales Zeitalter mag uns revolutionär erscheinen, aber es basiert auf Ideen, die uns Generationen davor überliefert haben. Die besten Innovatoren waren diejenigen, die den Verlauf des technologischen Wandels und die Ideen ihrer Vorgänger verstanden haben. Von diesem Menschen können wir lernen, dass wir unsere Zukunft gestalten können, indem wir Zusammenarbeit, offenes Denken und den Mut zum Risiko in unserem Leben verankern. Walter Isaacsons „Die Innovatoren“ ist mehr als eine Chronik der digitalen Revolution. Es ist eine Hommage an die menschliche Kreativität und den unerschütterlichen Glauben daran, dass wir gemeinsam Großes erreichen können.
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Lesen ohne Kontext: Über die Enttäuschung und den Gewinn von Intermezzo
Mein Germanistikstudium ging mit unzähligen Semestern der westeuropäischen Literatur einher. Irgendwann mussten wir an “Germinal” von Émile Zola ran. Und da ich Germanistik studierte und offensichtlich in Geschichte nicht gut genug aufgepasst hatte, ackerte ich mich durch die 400 Seiten mit der Frage “Wann kommt Germinal?” Ich war nicht die einzige, die enttäuscht war, dass der Germinal doch nicht gekommen ist. Irgendwann klärten die Romanistik-Studierenden unsere Verwirrung auf: als Germinal bezeichnete man in Frankreich nach der großen Revolution den Monat März. In diesem Monat ereigneten sich die Geschehnisse im Roman von Zola. In meinem Leben war das das beste Beispiel über die Sinnlosigkeit des Lesens, wenn man sich mit dem…
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Moralische Ambition: “Hören Sie auf, Ihr Talent zu vergeuden!”
Wir wollten nur kurz die Welt retten. Damals. In meiner Studienzeit wurde ich von jungen Menschen umgeben, die an einer Vielzahl gemeinnütziger Programme teilnahmen: Englisch in Lateinamerika unterrichten, Moore in Österreich befeuchten, Plastik aus den Meeren fischen. Sie rissen sich aus ihrem “normalen” Leben, wurden mit dem Alltag von Milliarden anderer Menschen auf dieser Welt konfrontiert und entwickelten ihre moralischen Ambitionen, wie man diese Welt verbessern und das Leid verringern kann. Heute bin ich von Erwachsenen umgeben, die ihre Erwerbstätigkeit reduzieren, zusätzliche Urlaubstage verhandeln und am liebsten aus dem informationsüberlasteten Alltag auf die einsamen Hütten in Südschweden oder geschlossene Hotelanlagen in Spanien “escapen”. Sie reißen sich aus ihrem “normalen” Leben,…
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LOVED – Was Produktmarketing und Beziehungen gemeinsam haben
Das Aufbauen einer guten Beziehung ist ein Prozess der permanenten Weiterentwicklung. Es könnte mit einem aufregenden Date am Valentinstag beginnen und in der darauffolgenden Woche weitergehen. Oder sie könnte im Gegenteil aufblühen und gedeihen. In einer Beziehung reicht es nicht zu hoffen, dass man im Grunde gut genug für den anderen ist: Wir sollten ständig im Kontakt bleiben, uns anpassen und verändern und vielleicht auch manchmal übertreiben. Das trifft ebenso auf die Vermarktung eines digitalen Produkts zu: In Zeiten des Informationsüberdrusses sollten wir nicht darauf hoffen, dass ein Produkt allein für seinen Erfolg sorgt. Es braucht Unterstützung. Und das ist ebenfalls ein Prozess des permanenten Wandels. Martina Lauchengco widmete ihr…
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Banal, redundant, aber überflüssig?
„Banal, redundant und überflüssig“ giftete der Literaturkritiker Denis Schenk ausgerechnet über dieses Buch auf der Spiegel-Sachbücher-Bestsellerliste: „Can’t Hurt Me“ von David Goggins. Das Buch hat mich jedoch bis heute motiviert, auch bei schlechtem Wetter zum Laufen vor die Tür zu gehen. Ein ähnlicher Gedanke schoss mir durch den Kopf beim Titel „The Scrum Anti-Patterns Guide“: die Probleme, die Stefan Wolpers auf knapp 370 Seiten beschreibt, waren mir nicht neu. Aber sie tauchten immer wieder in jedem Team, mit welchem ich arbeiten durfte, in einer abgewandelter Form auf. Mal wieder über Scrum Scrum als Framework für die Softwareentwicklung lässt sich relativ schnell erlernen und in einem Unternehmen einführen. Allerdings reicht die…
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Das Liebespaar des Jahrhunderts, das wir verdient haben
Der Titel “Das Liebespaar des Jahrhunderts” klang vielversprechend. Noch dazu war es eine Empfehlung von Benedict Wells aus seinem Buch “Die Geschichten in uns”. Ich erwartete eine leidenschaftliche, aufopfernde Liebesgeschichte ähnlich wie bei Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Natasha Rostova und Andrej Bolkonsky, Mr. Darcy und Elizabeth Bennet, Scarlett O’Hara und Rhett Buttler. Tatsächlich musste ich zu Beginn sehr lange nachdenken, ob es sich vielleicht um eine Geschichte im Stil der “New York Trilogie” von Paul Auster handelt: jederzeit könnte ein Teufelchen aus den Zeilen springen und die ganze Welt von Schochs Liebenden auf den Kopf stellen. Aber nein, Julia Schoch meint es wirklich ernst: sie beschreibt eine Beziehung…
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“Becoming” nach Elke Heidenreich oder “Hier geht’s lang!”
Wenn Elke Heidenreich ein Buch veröffentlicht, dann ist es immer zumindest lesenswert. Wenn Elke Heidenreich außerdem Geschichten aus ihrem Leben erzählt, dann ist es immer faszinierend. Schon bei “Ihr glücklichen Augen” fragte ich mich, wie ein Mensch das alles in einem Leben erleben kann. In “Hier geht’s lang!” nimmt Frau Heidenreich uns mit auf ihre ganz persönliche literarische Reise durch die einzelnen Stationen ihres Lebens und die Bücher, die sie dabei begleiteten. Es ist nicht nur eine Reise, es ist auch die Geschichte ihres Werdegangs als Leserin, als Schriftstellerin, als Botschafterin des Wortes, als kreative Persönlichkeit. Das gesamte Buch ist voller von Zitaten über den Sinn und die Schönheit des…
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Über die Horrorgeschichten, das Schweigen und die Stimmen von Frauen
Als Teenager las ich sehr gern Horrorgeschichten, vorzugsweise die von Stephen King. Ich verschlang alles, was die Stadtbücherei hergab: “Friedhof der Kuscheltiere”, “Carrie”, “Christine”, “In einer kleinen Stadt” und natürlich “Es”. Meistens fehlten mir die kulturellen Hintergründe, um die Probleme nachzuvollziehen, die King thematisierte. Das minderte aber den Gruselfaktor seiner Geschichten nicht. Nach King machte ich noch eine kurze Bekanntschaft mit dem Meister des Gruselgenres Edgar Allan Poe und hatte nicht mehr vor, dieses Lesekapitel für mich wieder aufzumachen. Bis auf den grauen Herbsttag , an dem ich das Buch “Unsichtbare Frauen” von Caroline Criado-Perez aufschlug… Aufgrund des Titelzusatzes “Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert”…
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Über das Schreiben und “Die Geschichten in uns” von Benedict Wells
Es sind selten Romane, die meine Liste streifen. Und in den letzten Jahren sind es noch seltener Romane männlicher Autoren. Daher kenne ich keine der Geschichten von Benedict Wells. Da mich der kreative Prozess beim Entstehen von Geschichten fasziniert, griff ich dennoch nach seinem neuesten Buch über das Schreiben: „Die Geschichten in uns“. Das Buch erinnert stark an “Das Leben und das Schreiben” von Stephen King. Es ist fast eine “Abkupferung”: den ersten Teil widmete Wells seiner eigenen Vita, im zweiten Teil stellte er seinen schriftstellerischen Werkzeugkasten vor. Selbst die Passage über die Dauer des Schreibens dieses Buches und die Schwierigkeiten, die er dabei hatte, schien mir fast wie eine…