Buchrezension
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Über die Gewalt der Sprache: wenn es nur ein Buch in diesem Jahr sein darf
Ich halte nichts von Sport, den ich nicht selbst machen kann. In meiner Rolle als Mutter bin ich aber gern dabei: sowohl am Spielfeldrand als auch im Stadion. So wie beim HSV-Heimspiel der Saison 23/24. Unsere Jungs waren Feuer und Flamme: Sie himmelten die Fußballspieler an, schmissen ihre Schals in die Luft beim Tor und sangen die Hymne des Vereins mit. Ihres Vereins! Es war eine herrlich ansteckende Partystimmung, bis dieses Plakat aufkam: irgendwas mit “Müttern” und einer Obszönität. Gerichtet offensichtlich an die Fans der gegnerischen Mannschaft, aber eigentlich gegen ALLE Mütter, die in diesem Moment im Stadion waren und ihren Kindern etwas von dieser Stimmung kosten lassen und von…
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Künstliche Intelligenz als Chance für den Care-Sektor?
Spätestens seit dem Ende November 2022 und dem medienwirksamen Launch der ChatGPT-Anwendung wurde für die Meisten die Vorstellung von künstlicher Intelligenz (KI) zu etwas Greifbarem. Allerdings wurden wir bereits seit Jahrzehnten durch Literatur und die Filmindustrie darauf getrimmt, dass KI ausschließlich Gefahren mit sich bringt. Besonders gefährlich sollte das Stadium mit dem wunderschönen Namen “Singularität” sein, bei dem die künstliche Intelligenz die menschliche bei weitem übertreffen wird. Aber bis die Singularität eintritt, müssen wir uns darauf einstellen, dass KI und die Automatisierung uns die Jobs wegnehmen. Somit wird uns angeblich der Sinn und die Grundlage unserer gesamten Existenz entzogen. Das prophezeiten die Unterzeichner der großen Petition, die die Entwicklungen der…
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25 letzte Sommer oder wir brauchen einen neuen Holden Caulfield
Diese kurze Erzählung mit dem poetischen Titel “25 letzte Sommer” von Stephan Schäfer schneidet einige gesellschaftlich wichtige Themen an. Ein besonders rührendes war für mich das Schließen von Freundschaften im erwachsenen Alter. Es ist eine klassische Heldenreise-Geschichte: ein müder und zermarterter Protagonist trifft auf einen alten Weisen, geht zu ihm in die Lehre, erfährt eine Offenbarung und kehrt erneuert zu seinen Penaten zurück. Wenn es in dieser Geschichte eine neue Auflage von Holden Caulfield in seiner Gen Z-Version gäbe, der sich mit Verwunderung durch die Straßen irrt und sich über unseren Umgang mit Smartphones (statt über die Schwulen) auskotzt, wäre die ganze Erzählung originell. Wir brauchen einen neuen Helden, der…
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Paradise Garden, ein HeldInnenepos
Es gibt nicht so viele Geschichten, in welchen ein junges Mädchen ihre HeldInnenreise antritt und nach vielen Ereignissen viel weiser in einer neuen Lebensphase ankommt. “Paradise Garden” von Elena Fischer ist eine von ihnen. Die 14-jährige Billie wohnt mit ihrer ungarischen Mutter in einer Hochhaussiedlung am Rande einer Großstadt. Anfangs ist der einzige Traum von Billie, in einen “richtigen” Urlaub zu fahren. Die Mutter von Billie, Marika, hat dagegen viele Träume: aus ihrem ungarischen Dorf auszubrechen, Balletttänzerin zu werden, nach Florida zu reisen, einfach frei zu sein. Was diese Freiheit für sie bedeutet, wird klar, sobald ihre Mutter die Geschichte betrifft und die Idylle der kleinen Familie und auch die…
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Dune und die Visionen über die Zukunft
Die Aufregung um den zweiten Teil der jüngsten Dune-Verfilmung ließ mich nicht kalt. Da meine Reaktion auf den ersten Teil absolutes Missverständnis war, beschloss ich, mich auf den zweiten besser vorzubereiten und das Original von Frank Herbert kennen zu lernen. Zwar ist Dune ein Zukunftsepos, ist es aus der Perspektive der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts geschrieben: In diesem Kontext versucht Frank Herbert in seinem Roman Antworten auf die ewigen philosophischen Fragen über die Macht, die Bedeutung der Religion und die Verantwortung gegenüber unserer Umwelt zu geben. Wie sieht nun unsere Zukunft nach Herbert aus? Die Zukunft ist dürr. Spuken als Begrüßungsritual, das Wasser als Währung, Wiedergewinnung des Wassers aus…
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Von Idioten und falschen Entscheidungen
Über die Jahre erarbeitete ich Kriterien, nach welchen ich Hörbücher für mich auswähle. Auf Drama muss ich leider verzichten. Bei “Ein wenig Leben” von Yanya Nagihara konnte ich mich vor Weinen nicht mehr fangen und musste mein Lauftraining abbrechen. Auch zu lustig darf es nicht sei. Als ich neulich eine humorvolle Geschichte von Ildiko von Kürthy in den Ohren hatte, verlor ich fast das Gleichgewicht auf der Treppe. Vor lauter Lachen konnte ich nicht mehr gerade stehen. Ein neutrales Sachbuch, das ohne komplexe visuelle Unterstützung gut verständlich ist, gern gewürzt mit Anekdoten, die der Botschaft des Buches unterstützen, eignet sich als ein Hörbuch am besten, Es könnte eine z.B. ein…